Menschen möchten klimafreundlich essen

Karten-Tricks für klimafreundliches Essen

Lutz Ziegler Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Wenn Restaurants auf ihren Speisekarten für jedes Gericht den CO2-Ausstoß anführen oder emissionsarme Varianten hervorheben, wählen Gäste vermehrt klimafreundlichere Angebote. Das zeigt eine neue Studie der Universität Würzburg.

Dass ein Rindersteak deutlich schlechter fürs Klima ist als ein Tofu-Schnitzel, hat sich inzwischen vermutlich herumgesprochen. Schließlich gelten Kühe unter anderem wegen ihres Methanausstoßes als enorme Belastung für das Klima und treibende Kraft für den Klimawandel. Trotzdem verzehren die Deutschen im Durchschnitt immer noch 55 Kilogramm Fleisch pro Jahr – so die Auswertung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft für das Jahr 2021.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) haben jetzt untersucht, inwieweit Restaurants durch eine Umgestaltung ihrer Speisekarten zur Eindämmung der Klimakrise beitragen können. Konkret ging es um die Frage, ob farblich gekennzeichnete Angaben über die Treibhausgasemissionen der jeweiligen Gerichte – sogenannte CO2-Label – und eine Veränderung der Standardoption bei Gerichten mit austauschbaren Beilagen dazu führen, dass Gäste klimafreundlichere Speisen auswählen.

Burger ohne Beef

Das Ergebnis: „Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Studie haben häufiger den Gemüse-Burger gewählt, wenn dieser als Standardoption auf der Speisekarte präsentiert wurde – und nicht, wie meistens üblich, der Burger aus Rindfleisch“, erklärt Dr. Benedikt Seger. Auch farblich gestaltete CO2-Label hätten dazu geführt, dass sich Restaurantgäste vermehrt für Gerichte mit niedrigeren CO2-Emissionen entschieden.

Seger ist Psychologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Entwicklungspsychologie der JMU. Gemeinsam mit der Masterstudentin Ann-Katrin Betz hat er die jetzt veröffentlichte Studie geleitet. Erschienen ist diese in der Fachzeitschrift PLOS Climate.

Speisekarten mit speziellen Menüs


Im Rahmen der Studie bekamen 265 Freiwillige online Speisekarten unterschiedlicher Restaurants präsentiert – im Angebot waren unter anderem italienische, indische und mexikanische Restaurants sowie ein Döner-Restaurant. Dafür hatten Seger und Betz neun potenzielle Menüs zusammengestellt. Diese waren entweder mit Angaben über die jeweiligen Treibhausgasemissionen versehen. Oder sie tauchten mal mit der emissionsarmen Standardkomponente, mal mit der emissionsreichen Option auf. Ein Beispiel für ein solches Gericht war ein Couscous-Salat, der mit Rindfleisch (hohe Emissionen), Schawarma (Geflügel; mittlere Emissionen) oder Falafel (niedrige Emissionen) bestellt werden konnte.

Die Analyse der Ergebnisse zeigte, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mehr klimafreundliche Gerichte auswählten, wenn CO2-Label vorhanden waren und wenn die Standardoptionen eher aus emissionsarmen als aus emissionsreichen Zutaten bestanden. Dabei führten veränderte Standardoptionen – in der Fachsprache Default Shifts genannt – im Schnitt zu 300 Gramm weniger CO2 und farbliche Label zu 200 Gramm weniger CO2 pro bestellter Speise. „Das sind beachtenswerte Ergebnisse, wenn man bedenkt, dass längst nicht alle Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer aufgrund der Defaults oder Labels auf Fleischgerichte und andere CO2-intensive Speisen verzichtet haben“, so Seger.

Keine Selbstverständlichkeit

Eine wichtige Erkenntnis aus dieser Studie ist nach Ansicht der Psychologinnen und Psychologen auch, dass Menschen offensichtlich willens und dazu in der Lage sind, das drängende Problem der Klimakrise auch in kleinen alltäglichen Entscheidungen wie dem Bestellen einer Speise zu berücksichtigen. „Das ist keineswegs selbstverständlich, wenn wir uns überlegen, dass wir in einem Restaurant das Essen, die Atmosphäre und oft auch das Beisammensein mit anderen genießen und nicht über existenzielle Bedrohungen wie die Klimakrise nachdenken möchten“, sagt Seger.

Aus psychologischer Sicht kommt die Entscheidung für das klimafreundliche Essen hingegen nicht unerwartet: „Wir gehen davon aus, dass CO2-Label und Standardvorgaben bestimmte soziale Normen vermitteln. Das Gebot, möglichst wenig Kohlendioxid auszustoßen, ist schließlich inzwischen in weiten Teilen der Bevölkerung etabliert“, erklärt Seger. Wenn ein Restaurant die CO2-Emissionen der angebotenen Gerichte offenlegt, erkennen die Gäste somit, dass diese Norm auch für die Speiseauswahl in Restaurants gilt. Das trifft erst recht zu, wenn diese zusätzlich durch entsprechende Farben betont werden: rot für viel CO2, grün für wenig Treibhausgas.

Normen beeinflussen das Verhalten

„Und wenn ein Restaurant in seinem Burger-Gericht das Gemüse-Patty anstelle des Fleisch-Patty als Standardoption herausstellt, kommuniziert es damit: Gäste in diesem Restaurant bestellen in der Regel den Gemüseburger. In der Psychologie bezeichnen wir das als deskriptive Norm“, so Seger. Dieses vermeintliche Wissen darüber, was andere in einer bestimmten Situation tun – unabhängig davon, ob das auch so gewünscht oder akzeptiert ist – könne einen erheblichen Einfluss auf das Verhalten haben.

Dementsprechend lautet Segers Botschaft an die Betreiberinnen und Betreiber von Restaurants: „Haben Sie den Mut, CO2-Label und andere Standardoptionen in Ihre Speisekarte einzubauen. Damit können Sie zum Klimaschutz beitragen, ohne dass Sie Ihr Angebot grundlegend verändern müssen.“


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Benedikt T. Seger, Institut für Psychologie, T: +49 163 207 0225, benedikt.seger@uni-wuerzburg.de


Originalpublikation:

How can carbon labels and climate-friendly default options on restaurant menus contribute to the reduction of greenhouse gas emissions associated with dining? Betz A-K, Seger BT, Nieding G (2022), PLOS Clim 1(5): e0000028.
https://journals.plos.org/climate/article?id=10.1371/journal.pclm.0000028

Termine

There is no Event

Büchertipps

Die Bildung der Ackererde: durch die Tätigkeit der Würmer (Autor: Charles Darwin)
Von
Preis: 25,00 €
(Stand von: 22 Apr 2022 12:40:08 - Details
×
Produktpreise und -verfügbarkeit sind zum angegebenen Datum / Uhrzeit korrekt und können sich ändern. Alle Preis- und Verfügbarkeitsinformationen auf https://www.amazon.de/ zum Zeitpunkt des Kaufs gelten für den Kauf dieses Produkts.
)
Charles Darwin revolutionierte als Begründer der Evolutionstheorie das Selbstbild des Menschen. Sein letztes Werk erschien 1881, ein Jahr vor seinem Tod, und bietet einen faszinierenden Einblick in die Welt der Regenwürmer. Darwin erkennt nach jahrzehntelanger Forschung als einer der Ersten die Bedeutung der Regenwürmer für die Bodenkultur. Die weltweit über 3000 existierenden Arten passen sich ihren Lebensbedingungen ideal an und schaffen dabei die Grundlage für das Wachstum von Pflanzen. Die kleinen Gärtner lockern und belüften die Erde, kompostieren Laub und fressen abgestorbenes Pflanzenmaterial. Außerdem bilden ihre nährstoffreichen Ausscheidungen den besten Dünger: Regenwurmhumus. Durch die Neuauflage des Klassikers über Regenwürmer wird eine Fülle an Informationen über das Leben und Wirken dieser Tiere für Biologen, Botaniker, Hobby-Gärtner und naturwissenschaftliche Laien verständlich und unterhaltsam erzählt wieder zugänglich.
(* = Affiliate-Link / Bildquelle: Amazon-Partnerprogramm)
Rudi, der Regenwurm - Das Becherlupen-Abenteuer | Руді, дощовий черв’як - Пригода зі збільшувальним склом: Ein deutsch-ukrainisches Bilderbuch
Von
Preis: 16,90 €
(Stand von: 22 Apr 2022 12:36:54 - Details
×
Produktpreise und -verfügbarkeit sind zum angegebenen Datum / Uhrzeit korrekt und können sich ändern. Alle Preis- und Verfügbarkeitsinformationen auf https://www.amazon.de/ zum Zeitpunkt des Kaufs gelten für den Kauf dieses Produkts.
)
Bald jedes Kind besitzt eine Becherlupe. Doch wie können wir es schaffen, dass Kinder und ihre Familien einen überlegteren Umgang damit haben? Den AutorInnen - beide Mütter und ErzieherInnen - ist es gelungen, mit wenig Text und ohne erhobenen Zeigefinger eine eindrückliche Geschichte vom Regenwurm Rudi zu erzählen, die spannend bis zum Schluss, dann doch gut ausgeht. Sie verstehen es, für den Umgang mit der Becherlupe zu sensibiliseren. - Damit nie wieder Tiere in der Becherlupe vergessen werden! Diese Ausgabe ist eine zweisprachige Ausgabe: Deutsch / Ukrainisch
(* = Affiliate-Link / Bildquelle: Amazon-Partnerprogramm)
Rudi, der Regenwurm: Das Becherlupen-Abenteuer
Von
Preis: 14,90 €
(Stand von: 22 Apr 2022 12:39:07 - Details
×
Produktpreise und -verfügbarkeit sind zum angegebenen Datum / Uhrzeit korrekt und können sich ändern. Alle Preis- und Verfügbarkeitsinformationen auf https://www.amazon.de/ zum Zeitpunkt des Kaufs gelten für den Kauf dieses Produkts.
)
Bald jedes Kind besitzt eine Becherlupe. Doch wie können wir es schaffen, dass Kinder und ihre Familien einen überlegteren Umgang damit haben? Den AutorInnen - beide Mütter und ErzieherInnen - ist es gelungen, mit wenig Text und ohne erhobenen Zeigefinger eine eindrückliche Geschichte vom Regenwurm Rudi zu erzählen, die spannend bis zum Schluss, dann doch gut ausgeht. Sie verstehen es, für den Umgang mit der Becherlupe zu sensibiliseren. - Damit nie wieder Tiere in der Becherlupe vergessen werden!
(* = Affiliate-Link / Bildquelle: Amazon-Partnerprogramm)

Verzeichnis-Einträge

Bei regionalen Erzeugern vorbestellen und in Do...

Biohof und Bioladen

test-eintrag

Wir freuen uns über deine Unterstützung. Toll, wenn du den Beitrag teilst!

Mehr Beiträge
aus unserem Blog:

Menschen möchten klimafreundlich essen

Wenn Restaurants auf ihren Speisekarten für jedes Gericht den CO2-Ausstoß anführen oder emissionsarme Varianten hervorheben, wählen Gäste vermehrt klimafreundlichere Angebote. Das zeigt eine neue Studie der Universität Würzburg.

Weiter lesen »
Nachhaltigkeitskongress anlässlich des 200. Jubiläums der Stadtsparkasse Wuppertal Wuppertal Institut
Termine

Terminankündigung Nachaltigkeitskongress 2022

Save the Date: Nachhaltigkeitskongress anlässlich des 200. Jubiläums der Stadtsparkasse Wuppertal Pressemitteilung von: Luisa Lucas KommunikationWuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH Wissenschaftlicher und populärwissenschaftlicher Kongress anlässlich des 200. Jubiläums der

Weiter lesen »